Wie die Bemerkung ihres Mannes über das Verfallsdatum das Leben einer 47-jährigen Frau veränderte.

Ich betrachtete die Hacksteaks, die gerade aus dem Ofen kamen, an den Rändern leicht angebrannt, und traute meinen Ohren nicht.

Du bist abgelaufen. Ich will die Scheidung, sagte mein Mann und schob seinen Teller weg. Es klang so banal, als ob er die neueste Benzinpreiserhöhung verkündete. Ich erstarrte, die Holzkochschaufel noch in der Hand. Der Kaktus auf der Fensterbank zeigte traurig mit einer krummen Dornenspitze nach oben, als wollte er bestätigen: *Es ist vorbei für dich.* Ich bin siebenundvierzig, und mit Andreas waren wir zwanzig Jahre zusammen. Unser Sohn, Tobias, studiert schon lange in einer anderen Stadt, und der Immobilienkredit für unsere Zweizimmerwohnung ist fast abbezahlt. Und jetzt, mit einem Mal: *abgelaufen*.

Alles um mich herum wirkte erstarrt, wie ein Schwarz-Weiß-Bild aus einer alten Fernsehsendung. Ich starrte auf die verbrannten Steaks und dachte dumpf: *Kann ich die angekohlten Stellen noch retten, oder ist es schon zu spät?* Seltsam, wie sich das Gehirn an Kleinigkeiten festhält, wenn etwas wirklich Schreckliches passiert.

**Routine, der Rost der Beziehung**

Seit dem Frühling lag eine gespannte Stille über dem Haus. Andreas kam spät von der Arbeit, und am Wochenende versank er in den Berichten, die ihm sein neuer Chef aufgetragen hatte. Ich hingegen verlor mich in meinem Büroalltag: Finanzbilanzen, Papierstapel sortieren, abends dann unser Kater Minka streicheln. Gespräche gab es kaum. Nur ein kurzes *Hol mal Milch*, *Lad die Karte auf*, *Wer macht heute das Geschirr?* Eine klebrige Müdigkeit hatte eine hohe Mauer zwischen uns errichtet.

Tobias, unser neunzehnjähriger Sohn, lebt in einer anderen Stadt im Studentenwohnheim, und wir sehen uns selten. Hin und wieder ruft er an, um Geld zu bitten. Im Sommer war er zu Besuch gekommen, und wir hatten überlegt, gemeinsam zu grillen, doch daraus wurde nichts: entweder war das Wetter schlecht, oder Andreas war *zu müde*. Ich hatte schon lange das Gefühl, wir seien mehr Nachbarn als Eheleute.

Und dann, gestern, das endgültige Urteil: *Du bist abgelaufen.*

**Katalysator und wachsender Konflikt**

Die Scheidung war schon lange ein Schatten, der immer größer wurde. Vor ein paar Wochen war das Küchenwaschbecken verstopft, und ich hatte einen Klempner gerufen. Plötzlich sagte Andreas: *Das ist Männersache, halt dich da raus.* Warum nur? Er selbst machte abends nie etwas dergleichen. Trotzdem warf er mir vor, nicht gewartet zu haben als ob es ihm plötzlich wichtig war, mir meine Unfähigkeit vorzuhalten.

Dann passierte etwas Seltsames: Unsere Nachbarin, Tante Helga, hatte uns im Treppenhaus gefragt: *Andreas, Nadine, feiert ihr bald euren Hochzeitstag?* Mein Mann und ich tauschten verständnislose Blicke der Jahrestag war schon einen Monat her. Wir hatten ihn beide vergessen. Die Nachbarin sah uns mitleidig an, als hätte sie unser Unglück längst durchschaut.

Doch mit solcher Offenheit hatte ich nicht gerechnet:
Eine Scheidung? Wirklich?
Wirklich, sagte mein Mann, ohne mich anzusehen. Ich bin müde. Das zieht sich schon zu lange hin.

**Versuch, zu verstehen**

Die Nacht verbrachte ich auf unserem alten Sofa, wo ich sonst meine Serien schaute. Minka spürte meinen Kummer und schnurrte leise an meinen Füßen. Andreas hörte ich kaum er hatte sich im Schlafzimmer eingeschlossen. Am Morgen stellte ich automatisch den Kaffee an und starrte auf den schiefen Topf mit dem Kaktus. *Der Arme wird es auch nicht schaffen*, dachte ich. *Er steht schon so lange in der Ecke, ohne zu blühen. Einmal hat er geblüht, aber nur ein einziges Mal.*

Ich wollte ein klärendes Gespräch mit meinem Mann führen, doch mir fehlte die Kraft. Ich ging zur Arbeit, versuchte, Fassade zu wahren. Im Büro: Papierstapel, graue Akten, Kollegen, die in der Mittagspause Sudoku spielten Ich konnte mich nicht konzentrieren. Ein Gedanke hämmerte in meinem Kopf: *Bin ich wie eine abgelaufene Konserve?*

Erst am späten Nachmittag rief ich meinen Sohn an:
Tobias, also Papa will sich scheiden lassen.
Nach einer Pause antwortete er:
Mama, ich habe schon länger gespürt, dass etwas nicht stimmt. Wenn es zu schlimm wird, stehe ich dir bei, seine Stimme war ruhig, fast bedauernd. Lass dich nicht unterkriegen, okay?

Seine Worte erwärmten mein Herz. Einerseits war er erwachsen geworden, andererseits hatte er nur eine Familie und plötzlich zerbrach alles.

**Der Anruf meiner Schwiegermutter**

Meine Schwiegermutter rief mich am nächsten Tag selbst an. Normalerweise erkundigt sie sich nach den Tauben auf unserem Balkon, doch diesmal kam sie gleich zur Sache:
Von Scheidung wird geredet? Andreas hat mir etwas erzählt. Wie kann man in diesem Alter die Familie im Stich lassen?!
Ich stotterte:
Ich bin nicht diejenige, die das will.
Dann hast du nicht aufgepasst, hast dich nicht um ihn gekümmert. Ihr seid keine Kinder mehr, Nadine. Unser kleiner Andreas ist bald achtundvierzig! Du hättest für seine Ruhe sorgen müssen, aber du warst zu sehr in deiner Arbeit gefangen.

Ich hätte fast explodiert: Also war ich schuld, nicht *weiblich* genug. Doch ich hielt mich zurück: Was hätte ein Streit mit ihr genützt? Sie lebt jetzt in einem Dorf, verbringt ihre Tage im Garten mit ihrer jüngeren Schwester und den Enkeln ihrer Nichte. Von unserer Beziehung weiß sie nur aus seltenen Telefonaten. Doch sie ist überzeugt: Die Schwiegertochter ist schuld.

**Gespräch in der Küche**

Am Samstag redeten wir endlich *wie Erwachsene*. Er kam unrasiert und mürrisch aus dem Badezimmer und setzte sich mir in der Küche gegenüber. An der Wand tickte die alte Kuckucksuhr von meiner Oma der Vogel war seit fünf Jahren kaputt, stumm. Symbolisch schien auch hier die Zeit stehen geblieben zu sein.
Ich ändere meine Meinung nicht, sagte mein Mann leise und schob seine Teetasse weg. Ich bin müde, Nadine. Es geht nicht mehr um Gefühle. Diese Wohnung ist es nicht wert, dass wir uns daran festhalten. Du kannst hier bleiben. Ich verlange keinen schnellen Verkauf. Aber ich möchte die Hälfte des Wertes. Ich suche mir etwas anderes, vielleicht erst mal zur Miete.

Ich betrachtete die abgeblätterte Tischplatte, die ausgebleichte Vinyl-Tischdecke und hörte diesem fast *geschäftsmäßigen* Monolog zu. Als würden zwei Partner eine Bilanz durchgehen. Und doch lagen zwanzig Jahre hinter uns. Die Traurigkeit überwältigte mich, obwohl ich mich schämte, vor ihm zu weinen.

Ich verstehe, sagte ich und bemühte mich, meine Stimme nicht zu verraten. Also gut, wenn es die Scheidung sein soll, dann soll es so sein.
Wir schwiegen. Seltsamerweise spürte ich eine Erleichterung, als hätte man mir einen schweren Rucksack abgenommen. Ja, es ist beängstigend, mit fast fünfzig allein dazustehen. Aber noch beängstigender ist es, in einer Ehe zu leben, in der niemand den anderen braucht.

**Rückkehr zu meiner Mutter**

Am nächsten Tag fuhr ich zu meiner Mutter. Sie lebt in einem alten Haus mit knarrenden Aufzügen, was mich immer unruhig macht. Sie öffnete die Tür, sah meine geröteten Augen, zog

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